Von der Utopie zur Zukunftsoption

Die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation ist schon lange deutlich. Dass dieser Wandel keineswegs eine unerreichbare Utopie ist, sondern eine realistische Zukunftsoption sein kann, wird in einer Studie der Deutschen Bischofskonferenz aufgezeigt. Entscheidend sind kleine, aber wirkungsvolle Schritte.

Die Studie untersucht Parameter einer gelingenden Transformation, also welche spezifischen Beiträge Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Kirche für eine derartige sozial-ökologische Transformation hin zu einer lebenswerten Zukunft im Rahmen der planetaren Grenzen leisten können. Eine der grundlegenden Bedingungen ist u. a. die Schaffung eines passenden Ordnungsrahmens, der Anreize für gemeinwohlförderliche soziale und technologische Innovationen bietet. Dabei sind nicht nur Investitionen im Bereich der Bildung, Infrastruktur und in Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge notwendig, sondern auch innovative Politikinstrumente, angemessene Kontroll- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft sowie mehr internationale Kooperation und Solidarität.

Diese Solidarität bedeutet auch, dass im Sinne einer gerechten Lastenverteilung die Regierungen, Unternehmen und Finanzinstitutionen wohlhabender Länder durch Technologie- und Finanzierungshilfen einen weit grösseren Beitrag zum Kampf gegen Armut und Klimawandel leisten können. Hier spielen «stranded assets» eine zentrale Rolle. Wer beispielsweise seinen Wohlstand dem Besitz fossiler Ressourcen oder der Nutzung nicht mehr zeitgemässer Technologien verdankt, kann Einschränkungen in seinem bisherigen Geschäftsmodell nicht einfach als «kalte Enteignung» ablehnen, sondern steht in besonderer Verantwortung, sich konstruktiv an gemeinwohlförderlichen Innovationen und Reformen zu beteiligen.

Damit diese Prozesse gesellschaftlich tragfähig werden, gilt es, Informations-, Mitsprache- und Teilhabemöglichkeiten zu erweitern, um damit auch unkonstruktive, populistische Strömungen entlarven zu können. Dabei zeigt sich, wie stark wir die sozial-ökologische Transformation auch als kulturelle Aufgabe begreifen müssen. Wer einen fundamentalen Wandel voranbringen will, der den Herausforderungen unserer Zeit gerecht wird, muss daher auch das «kulturelle Bedeutungsgewebe» berücksichtigen, das sich häufig nur langsam verändert und träge, aber auch langfristig tragfähig ist. Die katholische Kirche kann hier als Weltkirche nicht nur ihr materielles und strukturelles Vermögen, sondern auch ihr spezifisches Potential als Glaubensgemeinschaft in den gesamtgesellschaftlichen Wandlungsprozess einbringen: ihr Eintreten für die Verwundbaren und Marginalisierten, Traditionen des rechten Masses und universaler Gerechtigkeit, ein holistisches Verständnis von Lebensqualität sowie eine Spiritualität, die durch Durststrecken trägt, Gemeinsamkeiten sucht und Hoffnung vermittelt. 

Daniel Lang
Seit 2010 Professor für Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung an der Leuphana Universität in Lüneburg 

 

Alice Bauer
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Globale Fragen an der Hochschule für Philosophie in München